Versuche mit der Röhre EF98
22.9.2020:
Mit der speziellen Niederspannungsröhre EF98 (Ua = 12V, von ca.1958) hatte ich vor ca. 50 Jahren meinen Erstkontakt: es war die Röhre im KOSMOS Radiomann! Und das begründete meine Leidenschaft für Röhren, die bis heute anhält (und für die ich von meinen Freunden belächelt werde). Heute habe ich wesentlich bessere Messmöglichkeiten als damals und trotzdem gelang es mir bisher nicht, einen halbwegs guten HF-Verstärker mit der EF98 zu designen. Daher wollte ich im Sinne von back-to-basics mich der EF98 ganz simpel erneut annähern.
Der Aufbau erfolgt natürlich auf einer Radiomann RS1 Platte. Diese habe ich selbst auf dem 3D Drucker reproduziert, sodass ich auch mal reinbohren kann, ohne das Original zu beschädigen. Die 3D Files kann man hier finden. Ich habe übrigens auch das Plättchen für Transistoren zum Druck nachgezeichnet.
Eine, wie ich meine wesentliche, Änderung habe ich aber vorgenommen: Die Radiomann Röhren-Kontaktfedern haben bei mir nie richtig Kontakt gemacht: immer musste man die Röhre herumbiegen, bis Kontakt war. Und wenn was nicht ging, war man nie sicher, ob es vielleicht blos am Kontakt lag. Daher habe ich eine echte Pico-Röhrenfassung auf 7 kleine Kupferstreifen gelötet (siehe Bild). Nun ist der Kontakt stets einwandfrei und das Experimentieren macht viel mehr Spass!
Thermische Elektronen
Mein erster Versuch geht ganz ohne Anodenspannung: die Röhre wird nur geheizt. Gemessen wird die Spannung am g1 (gegen Kathode k) oder der Strom der von g1 nach k fließt. Einige Elektronen schaffen es sogar bis zu g3.
Es fließt tatsächlich ein Strom von über 1mA! Die Spannung klettert bei Überheizen mit 7.5V sogar bis auf 1.2V! Bei 6.3V Heizung erreichen wir ziemlich genau 1V am g1 bei einer Belastung (mein DMM) von 10 MOhm.
Die EF98 als Triode
Trioden haben zwei Anschlüsse weniger als Pentoden, sind also einfacher und daher wohl ein besserer Start. Jede Pentode kann auch als Triode betrieben werden, indem g2 und g3 mit der Anode a verbunden werden. Im Datenblatt der EF98 wird diese Betriebsart sogar aufgeführt!
Der Signalgenerator zwingt dem g1 eine absolute Spannung auf, hier einen Sägezahn. Ich kann sowohl die Amplitude als auch den DC-Offset (hier also die Gittervorspannug) am Generator einstellen. Über den 100 Ohm Anodenwiderstand messe ich den Anodenstrom mit dem Oszi. Dabei ist +UB das Bezugspotential. Deswegen kann ich auf dem zweiten Kanal die Ansteuerung nur kapazitiv (100nF) messen. Das reicht für die Signalamplitude. Den DC-Offset messe ich mit meinem DMM direkt am Gitter.
Hier sehen wir auf Kanal I (oben) die Spannung am Gitter und auf Kanal II (unten) die Form des leicht verzerrten Anodenstroms. Die Verzerrungen gehen erst zurück, wenn die negative Vorspannung klein gemacht wird (ca. -100mV), dabei fliessen aber schon 7mA Anodenstrom!
Das wird auch aus dem Datenblattt klar: der lineare Bereich geht bis ca. -0.5V g1 Spannung. Ich steuere hier mit ca. 1Vpp an, da darf die Vorspannung nur nahe an 0V sein.
Bei UB=35V und Ug1pp=1V erreiche ich Iapp = 2mA. Das sind an 100 Ohm 0.2V, also keine Verstärkung. Je grösser Ra wird, umso grösser wird die Verstärkung! Ich habe verschiedene Werte ausprobiert.
Der rot hinterlegte Wert ist nur berechnet. Der Wert von 9 wird aber nicht erreicht, denn mit fallender Anodenspannung fällt auch der Anodenstrom einer Triode, was einer Gegenkopplung entspricht:
Mit Ua > 16V kann ich mit g1 = -7V den Anodenstrom nicht mehr ganz abschnüren.
Mit Ug1 < -0.33V nimmt die Verstärkung ab. Beste Werte sind -1V ... -1.4V.
Zusammenfassen können wir festhalten, dass wir als Triode kaum über eine Verstärkung von 5 hinauskommen.
Die EF98 als Tetrode
Um diese Gegenkopplung zu vermeiden wurde die Tetrode mit dem Schirmgitter erfunden. Das Schirmgitter wird dabei auf ein festes (oder sogar stabilisiertes) Potential gelegt und schafft so im Bereich des Steuergitters konstante Potentialverhältnisse, unabhängig von der Spannung an der Anode und damit einen Andodenstrom, der von der Anodenspannung unabhängig ist. Wichtig ist, dass das Schirmgitter gegen die Kathode entkoppelt ist, mit dieser also durch einen Kondensator verbunden ist, um Wechselspannungsanteile abzublocken.
Dies erzeugt einen hohen Ausgangswiderstand RA = dUa / dIa > 100 kOhm und damit kann man einen Schwingkreis direkt in die Anodenleitung schalten.
Die Tetrode weist einen Nachteil auf: Wenn die Anodenspannung bei hoher Leistung aussteuerungsbedingt unter die Schirmgitterspannung sinkt, so werden die unvermeidlichen Sekundärelektronen, die von den auftreffenden Elektronen aus der Anode herausgeschlagen werden, vom (positiveren) Schirmgitter angezogen und gelangen nicht zur Anode zurück. Das zeigt sich in einer charakteristischen Delle des Anodenstromes im Kennlinienfeld: Der Anodenstrom nimmt ab, obwohl die Anodenspannung zunimmt. Das entspricht rechnerisch einem negativen differentiellen Widerstand. Durchfährt die Anodenspannung diesen Bereich, führt das zu Verzerrungen, da der Anodenstrom hier nicht proportional zur Gitterspannung ist. Das Schirmgitter wird durch den zusätzlichen Elektronenstrom zudem thermisch belastet. [aus Wikipedia]
Die EF98 als Pentode
Die Pentode ist die letzte Stufe einer langen Entwicklung. Da die Nachteile von Triode und Tetrode beseitigt sind, war die Pentode die Standardröhre für Verstärker. Der hohe Verstärkungsfaktor ist von Vorteil. Die Elektronen kommen im Laufe ihres Weges zur Anode an verschiedenen Potentialen vorbei und werden wechselweise beschleunigt, gebremst und aus ihrer geradlinigen Bahn abgelenkt. Das erzeugt eine Rauschspannung (Verteilungsrauschen: vor allem zwischen Anode und Schirmgitter) an der Anode. Das bauartbedingt höhere Eigenrauschen macht sich nur bei sehr schwachen Signalen bemerkbar.
Ansteuerwechselspannung: 100mVpp
Die Pentode erreicht eine max. Verstärkung von 30, damit kann man arbeiten. Eine höhere Betriebsspannung ergibt eine leicht höhere Verstärkung, aber eine höhere Anodenspannung ist nicht erfordelich.
Für mich war der Einfluss der Schirmgitterspannung ein Augenöffner:
Ist sie zu klein, so brechen die Verstärkungswerte total ein, aber auch wenn sie zu gross ist, geht die Verstärkung drastisch zurück! Der beste Wert liegt bei ca. 7V.
Dies erklärt auch das Verhalten der Radiomann Audion-Schaltung: wenn man hier die Schirmgitterspannug zu weit hochdreht, setzen die Schwingungen wieder aus.
In der Tabelle ist jeweils die Schirmgitterspannung angegeben, die die grösste Verstärkung ergibt.
Man erkennt zum einen, dass ein grösserer Anodenwiderstand eine höhere Verstärkung ergibt, gleichzeitig aber die Ausgangsleistung leicht sinkt. Die Ausgangsspannung ist aber dann nicht so belastbar, das ist sicher, was aber für eine nachfolgende Röhrenstufe mit ihrem hohen Eingangswiderstand keine Rolle spielt - wohl aber die Brummempfindlichkeit erhöht.
Weiters erkennt man, dass die höchste Verstärkung bei einer Steuergittervorspannung nahe an 0V erreicht wird. 2.2 MOhm ergeben bereits -0,68V.
Für mich gab es bei diesen Versuchen einige "eye opener":
* eine hohe Anodenspannung erzielt (vor allem bei Trioden) zwar einen höheren Anodenstrom, aber nicht unbedingt eine höhere Verstärkung.
* die Ausgangsleistung steigt durch hohe Anodenspannung nicht unbedingt, wohl aber die Verlustleistung.
* bei hoher Anodenspannung kann das g1 möglicherweise den Elektronenstrom nicht mehr ganz abschnüren (cut-off) und es fließt immer ein Ruhestrom
* hohe Verstärkungen sind mit Trioden nicht zu erreichen
* Pentoden sind gut für hohe Verstärkung, rauschen aber mehr (Verteilungsrauschen)
* die Verstärkung steigt mit steigendem Anodenwiderstand. Daher sind eine hohe Betriebsspannung und ein hoher Anodenwiderstand gut. Aber nicht unbedingt!
* die Brummempfindlichkeit liegt durch den hohen Eingangswiderstand sehr hoch. Es ist auf gute Schirmung, vor allem im Gitterkreis zu achten!
* trotz C-L-C Siebung (KOSMOS Siebkette, jetzt mit Silizium-Brückengleichrichter) wirkt sich eine kleine Brummspannung auf der Anodenversorgungsspannung sehr stark aus! Ich habe bis zu 20mV Brumm auf UB gemessen. Erst mit externem 2200F Sieb-Elko war der Brumm weg. => Nachmessen zeigte, dass der zweite C in der Siebkette defekt war: ESR > 40 Ohm und nur 1F. Ersetzt durch 2200F, jetzt ist die Spannung brummfrei. Man sieht jetzt auch das Schalten des Si-Gleichrichters, welches kleine HF-Bursts erzeugt, wenn die Dioden vom leitenden in den nicht-leitenden Zustand wechseln.
* die Schirmgitterspannung ist extrem kritisch!
+ eine zu hohe Spannung lässt die Verstärkung völlig einbrechen
+ eine zu niedrige Spannung lässt Verstärkung und Anodenstrom einbrechen
+ um eine Gegenkopplung zu vermeiden ist das Schirmgitter wechselstrommässig auf Kathodenpotential zu legen oder zu erden.
+ eine Erzeugung der Schirmgitterspannung durch einen Vorwiderstand könnte zur Arbeitspunktstabilisierung beitragen (Gleichstrom-Gegenkopplung!)
+ es gibt verschiedene gute Arbeitspunktpaare Ug1 und Ug2 : die Anodenspannung soll immer bei ca. 10.5V liegen, jedoch ist die Verstärkung bei kleinem Ug1 am besten.
+ je negativer Ug1 ist, umso kritischer wird die Einstellung von Ug2
Dies funktioniert alles recht gut bei 700Hz. Sobald ich die Frequenz allerdings erhöhe, nimmt die Verstärkung stark ab. Bei ca. 6MHz ist kaum mehr eine Verstärkung vorhanden. Während im (heutzutage unbenutzten und damit uninteressanten) Mittelwellenbereich noch Verstärkung vorhanden ist, ist diese bei 3.5MHz bereits sehr stark abgesunken. Maximal ist bei 3.5MHz eine Verstärkung von 4 zu erreichen.
Bester Arbeitspunkt
Steuergittervorspannung und Schirmgitterspannung beeinflussen beide den Arbeitspunkt und es gibt viele Spannungspaare, die den gleichen Anodenstrom ergeben. Versuche haben gezeigt, dass die Verstärkung am höchsten ist, wenn Ug1 nahe an Null oder nur sehr wenig negativ (-0.2V) ist.
Da die nachfolgende Stufe induktiv (HF-Trafo) gekoppelt wird, ist ein möglichst hoher Anodenwechselstrom anzustreben. Bei Ra = 47kOhm und ca. 100mV Wechselspannung sind es nur 2A. Bei einem Ra = 4kOhm dagegen schon 25A. Gleichzeitig nimmt, da der Ausgang nun niederohmiger ist, die Brummempfindlichkeit stark ab, was sehr hilfreich ist. Versuche zeigten, dass eine Anodenspannung von Ua = 10.5V die höchste Verstärkung ergibt. Bei UB = 34V fließt bereits ein Anodengleichstrom von Ia = (UB - Ua) / Ra = 5.8mA.
Bei noch kleineren Widerständen (etwa 1.2kOhm) ist der Anodengleichstrom bei dieser Betriebsspannung zu hoch. Niedrigere Betriebsspannungen erlauben auch kleinere Anodenwiderstände, an der Verstärkung ändert sich aber nichts.
Es kann also festgehalten werden, dass eine Betriebsspannung von ca. 10.5V ohne Anodenwiderstand (nur HF-Spule) genausogut ist wie eine Betriebsspannung von 34V mit Ra = 4kOhm. Es ist jeweils eine Anodenspannung von 10.5V (über die Schirmgitterspannung) einzustellen.
Trotzdem hat die Verwendung eines Vorwiderstands für Schirmgitter und Anode Vorteile: sie wirken als Gleichstromgegenkopplung und stabilisieren den Arbeitspunkt: steigt der Strom durch die Röhre, so sinken diese Spannungen, was den Stromfluss verringert. Gleiches gilt für die Erzeugung der negativen Gittervorspannung durch einen Ableitwiderstand: mehr Strom führt zu einem negativeren Gitter, was den Strom stabilisiert. Es ist also garnicht so gut, diese Spannungen durch moderne Halbleiter zu stabilisieren.
Inverser Betrieb
Obwohl wir hier nur mit kleinen Spannungen (ca. 10.5V Anodenspannung) arbeiten, kommt es bereits zur Emission von Sekundärelektronen aus der Anode (die Austrittsarbeit liegt im Bereich von ca. 4.6eV (Eisen) und ist damit deutlich kleiner als unsere Anodenspannung). Das Bremsgitter reflektiert diese Sekundärelektronen im normalen Betrieb zurück zur Anode. Wenn aber die Anodenspannung (7.5V) sehr viel kleiner als die Schirmgitterspannung (15V) ist und diese zugleich recht hoch ist (sodass die Primärelektronen stark beschleunigt werden), so kommt es zu einer Inversion (Tetrode!): die Anodenspannung steigt mit steigender (positiver werdender) Gitterspannung Ug1 (dabei wird Ug1 sogar positiv)! Dies sieht man in einem Phasenwechsel der Ausgangsspannung von 180 Grad auf 0 Grad (genauer bei HF von -90 Grad auf +90 Grad). Gleichzeitig sinkt die Verstärkung. In diesem Fall reicht die Schirmung durch das Bremsgitter nicht mehr aus und die Sekundärelektronen werden vom Schirmgitter aufgefangen. Dabei fließt dann ein sehr hoher Schirmgitterstrom (15mA).
In diesem inversen Bereich ist die EF98 selbst sehr brummempfindlich: Annähern der Hand hat starke Brummamplitude auf der Anode zur Folge; dagegen löst das Berühren einzelner Pins (Gitter, Anode, ...) kaum Brummamplitude aus.
26.12.2021:
Ich habe mir die EF98 nochmals zur Brust genommen und untersucht. Während fast alles von oben reproduziert wurde, muss ich zum Arbeitspunkt meine Aussagen vervollständigen. Diesmal habe ich mit einer geringfügig anderen Schaltung gemessen:
Ich benutze diesmal das Oszi im X-Y Betrieb und schreibe so die Messkurven direkt auf den Bildschirm. Die X-Ablenkung ist direkt die g1-Spannung und die Y-Ablenkung ist der Anodenstrom in mA/cm. Den Anodenstrom-Messwiderstand habe ich auf 1k erhöht, weil man dann leicht den Strom in mA auf dem Oszi ablesen kann. Das Signal kopple ich direkt am g1 ein (ohne Widerstand) und leite es auf das Oszi für die X-Ablenkung (ohne Kondensator, DC Kopplung). Die Spannung an der Anode wird jetzt (notgedrungen) gegen Masse gemessen; ich invertiere daher den Kanal-1 (Y) am Oszi und verwende die AC-Kopplung im Oszi. In X-Richtung habe ich 1V/cm, in Y-Richtung 1V/cm oder 2V/cm. Diesmal kann ich auch die absolute g1-Spannung direkt am Oszi ablesen. Nun kann ich die Steigung (die Ableitung), genannt die Steilheit (Domi bemerkte, wie sinnig die Bezeichnung "Steilheit" für die Ableitung der Kurve ist, he he) der Röhre in mA/V, direkt am Oszi ablesen, da X in Volt und Y in mA (oder 2mA) pro cm anzeigt. Am Signalgenerator verschiebe ich den Sägezahn durch DC-offset in den negativen Bereich (Gitter g1 Vorspannung). Eine Frequenz von 300 Hz reicht völlig, um ein flimmerfreies Bild zu bekommen.
Rechts ist der Messaufbau zu sehen: das DIGI40 im Hintergrund liefert die bis zu 39V Betriebsspannung Ub. Der KOSMOS Trafo liefert die 6.3V Heizspannung und die Schirmgitterspannung Ug2, welche über die Siebkette gleichgerichtet wird und über den selbstgebauten Regler (rechts im Bild) von 0V bis 30V einstellbar ist.
Bei den Messungen stellte sich heraus, dass die Kurven von der Anodenspannung völlig unabhängig sind, solange die Schirmgitterspannung kleiner oder nur ca. 3V größer als die Anodenspannung ist. Dies ist das von Pentoden bekannte Verhalten, welches Rückwirkungen von der Anode vermeidet und so zu den hohen Verstärkungen führt (da keine Gegenkopplung durch die Röhre selbst!).
Links Ug2=15.9V, Ub=20.0V, mitte Ug2=15.9V, Ub=38.7V. Die Y-Skalierung ist 2mA/cm. Die beiden Kurven sind praktisch identisch. Bei Ug1= 0V liegt der Anodenstrom bei etwas über 7mA und damit fallen am 1k Messwiderstand ca. 7V ab, sodass links für die Anode noch 13V, mitte 31.7V übrig bleiben. Obwohl links das Schirmgitter ca. 3V positiver als die Anode ist, zeigt sich in der Kurve noch keine Veränderung. Rechts ist das Schirmgitter deutlich positiver als die Anode: Ug2=15.9V, Ub=4.4V. Man sieht einen Knick in der Anodenstromkennlinie bei ca. Ug1 = -1.7V: der inverse Betrieb .
Nun zu den Messungen:
Man kann in jedem Bild leicht die grösste Steigung (nahe bei Ug1 = 0V) ablesen, indem man den Strom für Ug1 = 0V und Ug1 = -1V subtrahiert. Die Steilheit S ist dann
S = dIa/ dUg1
Bei Ug2= 31V fließt aber bei Ug1 = 0V schon ein Anodenstrom von 8mA! Daher ist es besser, eine etwas niedrigere Ug2= 24V zu wählen und die Anodenspannung ebenfalls in diesen Bereich fallen zu lassen. Bei einer Betriebsspannung von 40V bleiben 20V für den Anodenwiderstand, der bei 5.5mA dann R = U/I = 3.6k betragen darf. Hier habe ich die größte Steilheit S = 4mA/V, was gut für eine Trafo-Auskopplung ist. Wenn ich aber mit einem Anodenwiderstand arbeite, erreiche ich bei dU = 1mV Eingangsspannung ein dI = dU * S = 4A und damit ein Ua = dI * R = 14mV, also eine Verstärkung von 14. Da wäre es dann besser, den Arbeitspunkt lieber nach der Tabelle weiter oben zu wählen um mit einem R = 43k auf eine Verstärkung von 70 zu kommen.
23.4.2024:
Es wurde eigentlich schon alles Wesentliche gesagt, aber wenn mit dem Alter das Gedächtnis nachlässt, kann man die mehr oder weniger gleichen Versuche immer wieder machen und ich freue mich jedes Mal auf's Neue! Nach 60 Jahren habe ich ja nun auch endlich die Meßmittel und Spannungsversorgungen, mit denen das Experimentieren richtig Spaß macht. Also los!
Ziel ist diesmal eine Schaltung für sehr kleine Signalpegel, wie sie etwa in der Vorstufe eines Empfängers auftreten. 1V ist hier vermutlich ein guter Richtwert. Da ich solch kleine Spannungen mit meinem Oszi nicht mehr messen kann, verwende ich einen Vorteiler, hier 1 MOhm : 1.2kOhm = 833 : 1. Dieser Vorteiler ist im Schaltplan grün hinterlegt.
Da ich den Verstärker an einen Schwingkreis hochohmig ankoppeln will, soll auf keinen Fall ein Gitterstrom fliessen, denn bei einem Gitterstrom tritt eine Belastung des Schwingkreises auf. Nicht durch den Gitterstrom per se, sondern weil dann bis zur Stärke des Gitterstroms Elektronen in beide Richtungen fliessen können. Die Anlaufspannung habe ich weiter oben zu ca. 1V bestimmt, wobei ich die Belastung durch den 10 MOhm Eingangswiderstand des DMM nicht kompensiert hatte. Daher ist es besser, diese Spannung mit der Methode der Gegenspannung zu messen: es wird so lange eine Gegenspannung erhöht, bis die gemessene Differenz 0 mV beträgt. In diesem Moment fliesst kein Strom mehr, die Anlaufspannung wird nicht mehr belastet und wir messen die Freilaufspannung. Es ergibt sich eine Anlaufspannung von -1.671 V, welche doch deutlich höher ist, als der früher mit dem DMM (und 10 MOhm Belastung!) gemesse Wert von -1.041 V. Die Differenzspannungsmessung ist mit meinem DMM auch wesentlich genauer als die Strommessung, da ich nur 100 nA Auflösung habe und eine Belastung mit 100 nA hier noch als erheblich bezeichnet werden kann, denn wie man sieht, fliessen bei 10 MOhm (DMM) und 1V (gemessene Anlaufspannung von oben) gerade 100 nA, was zu einem Spannungsabfall am Gitter von 0.6 V (1.671 V - 1.041 V) führt: der Innenwiderstand des Gitters als Spannungsquelle liegt also bei ca. 6 MOhm. Übrigens ist diese Spannung unabhängig von der Anodenspannung und hat auch bei Betriebsbedingungen (1mA Anodenstrom) den gleichen Wert.
Wenn wir Gitterstrom und damit eine Belastung eines angeschlossenen Schwingkreises vermeiden wollen, dann können wir also keinen Arbeitspunkt nahe am Kathodenpotential (etwa -0.2 V) wählen, sondern müssen negativer vorspannen, am besten mit mehr als -1.7 V. Wie die Kurvenschaar zeigt (rote Linie), haben wir dann aber bereits den steilen Bereich verlassen und verlieren an Verstärkung.
Um die Komplexität der Schaltung (separates Gitterspannungsnetzteil!) zu verringern und in den etwas steileren Teil der Kurve zu gelangen, verwende ich daher eine schon verbrauchte Batterie mit 1.429 V als Gittervorspannungsquelle (grüne Linie). Damit diese nicht belastet (und entladen) wird, habe ich den rot hinterlegten 68 nF Kondensator eingebaut. Das ist sehr einfach und die Batterie wird ewig halten. Diese Methode vermeidet auch Brummeinstreuungen oder Spannungsschwankungen aus einem Netzteil Alternativ könnte man die Vorspannung auch aus einem 1.2 kOhm Widerstand in der Kathodenleitung gewinnen.
Es wird zu untersuchen sein, ob eine leichte Belastung des Schwingkreises (mit ca. 6 MOhm), dafür aber ein steilerer Bereich der Kennliene oder keine Belastung, dafür aber ein flacherer Kennlinienbereich besser ist.
Die Schirmgitterspannung kann aus einem separaten Netzteil genommen werden oder aus der Betriebsspannung. Für Experimente muss sie einstellbar sein; ein Poti ist hierfür ausreichend. Leider war keines mit 10 kOhm oder 20 kOhm verfügbar, das 4.7 kOhm Poti ist hier schon etwas überlastet, aber der 6.8 kOhm Widerstand verringert den Strom und engt den Bereich ein (Dehnung der Einstellung).
Mit den im Schaltplan eingetragenen Spannungswerten ergibt sich eine Verstärkung V=40, was ganz ordentlich ist. Die Spannungswerte sind aber ziemlich kritisch. Auf 1V konnte ich nicht herunterteilen, weil ich sonst die Ausgangsspannung nicht mehr messen kann. Ich denke aber, dass ähnliche Verhältnisse auch für kleinere Spannungen gelten werden.
Eine Abschirmhülse auf der EF98 verringert die Handempfindlichkeit, ist aber nicht unbedingt erforderlich. Brumm hält sich in Grenzen. Die DC Anodenspannung schwank noch leicht (manchmal ca. 5 mV) und diese Schwankungen kommen nicht vom Netzteil (die Betriebsspannung ist bis auf ca. 1 mV stabil). Da die Gittervorspannung nun aus einer Batterie kommt, kann es daran nicht mehr liegen. Die Heizung kommt aus den "neuen" SSQ Netzteil und ist sauber und stabil. Bei Heizung mit Wechselspannung ist starker Brumm auf dem Ausgang, der Messungen unmöglich macht. Im echten Betrieb mit HF ist der Brumm wahrscheinlich ohne Belang, da er wesentlich niederfrequenter ist.
Hier geht es weiter: Der Kampf mit dem Brumm
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