Tx=20241016.
Signalverfolger
Ein Signalverfolger, also im einfachsten Fall ein NF-Verstärker, gehört zur Ausrüstung jeder Elektronikwerkstatt. Er hilft bei der Fehlersuche in NF-Verstärkern und mit einem einfachen AM-Demodulator auch bei HF-Schaltungen. Ausserdem ist es ja wirklich kein Hexenwerk, einen einfachen NF-Verstärker zu bauen, also ein lohnendes, einfaches Bastelprojekt. Daher hatte ich mir schon vor vielen Jahrzehnten (!) so einen Signalverfolger gebaut.
Die verwendeten Bauteile (OA172, AC127, ...) deuten schon auf den Jahrgang hin: gut abgelagert. Um eine gute Empfindlichkeit auch für schwache Signale zu bekommen, ist der Verstärker als 4-stufiger Wechselstromverstärker ausgeführt. Der Arbeitspunkt jeder Stufe wird über einen Widerstand vom Kollektor eingestellt. Diese Schaltungsart ist bei Verstärkern mit geringen Signalpegeln beliebt, weil sie sehr einfach ist (nur 1 Widerstand!) und ausserdem eine leichte Gleichstromgegenkopplung realisiert, die den Arbeitspunkt stabilisiert. Die Endstufe hat dagegen einen Querstrom-Spannungsteiler und eine Emitterkombination, die zusammen den Kollektorstrom stabilisieren. Das ist im Prinzip so schon OK, aber der Teufel steckt im Detail. Der Verstärker hat nie sonderlich gut funktioniert und geriet immer leicht in Übersteuerung, ohne dabei aber wirklich laut zu werden. Ein Grund ist sicherlich, dass die Kollektor-Basis-Widerstände durch die Bank viel zu klein gewählt wurden. Dies sieht man auch an den gemessenen Spannungen: Die Kollektorspannung liegt bei nur ca. 1V oder sogar darunter, was erklärt, dass dieser Verstärker schon bei kleinen Signalen in die Übersteuerung geht und stark verzerrt. Ausserdem kopplen diese zu kleinen Widerstände auch AC zurück, was die Verstärkung reduziert. Und schliesslich zeichnet sich die erste Stufe nicht durch einen hohen Eingangswiderstand aus, da die Basis einiges an Strom braucht und der 180k sowieso eine Obergrenze darstellt. Die Idee mit dem Ausgangsübertrager ist durchaus OK, allerdings bemerkte ich beim letzten Umbau auf V3, dass dieser defekt ist: eine Wicklung war durchgebrannt und man konnte ein Schmorloch in der äußeren Isolierung sehen. Es gab zwar noch Durchgang, aber vermutlich waren einige Windungen kurzgeschlossen und belasteten den Übertrager stark, sodass von der eh schon mickrigen Ausgangsleistung nicht mehr viel übrig blieb. Das erklärt auch, warum er immer viel zu leise war. Der einfache Diodendemodulator am Eingang hat weder einen HF-Kurzschlusskondensator am Ausgang noch einen Gleichspannungspfad für die gleichgerichtete Spannung: der Eingangselko wird sich also aufladen und damit die Diode negativ vorspannen, sodass sie weiter sperrt und noch unempfindlicher wird. Vermutlich haben die Leckströme des Kondensators und der Germaniumdiode hier geholfen und für eine leidliche Funktion gesorgt. Alles nicht ideal. Vor vier Jahren baute ich daher den Signalverfolger um: |
Der Demodulator ist nun als Spannungsverdoppler ausgeführt (was nicht wirklich erforderlich ist), er hat einen 100k Widerstand für die Gleichspannung und einen 1nF Kondensator um HF-Reste kurzzuschliessen. Kurzum, das sollte jetzt wesentlich besser funktionieren.
Die Arbeitspunktwiderstände wurden alle wesentlich vergrössert, typisch ca. 1M, sodass nun am Kollektor ca. die halbe Betriebsspannung anliegt und somit ein wesentlich weiterer Aussteuerungsbereich verfügbar ist. Die Koppelkondensatoren wurden verkleinert, denn zuvor dauerte es immer einige Sekunden, bis diese sich bei grossen Signalwechseln umgeladen hatten und während dieser Zeit war der Verstärker taub. Die Transistorbestückung wurde beibehalten, wobei der 2N2926 mit einer garantierten Verstärkung von hFE = 35 nicht gerade glänzt. Den Defekt im Ausgangsübertrager hatte ich nicht bemerkt, sodass dies unverändert blieb. Die Arbeitspunkteinstellung für den AC127 wurde leicht geändert: viele Wege führen nach Rom, alles ist möglich. Hier ist also nun meine V3: |
Der Demodulator (grün) blieb unverändert. Mehr zu Dioden und deren Leitfähigkeit bei kleinen Signalamplituden später.
High impedance frontend (orange): Die erste Stufe wurde nun als Emitterfolger ausgeführt und bietet so einen hohen Eingangswiderstand. Dies sieht man, wenn man nur den kleinen Finger der Bananenbuchse annähert: schon bei einigen Millimetern Abstand koppelt 50Hz Brumm stark ein, obwohl der "Koppelkondensator" vermutlich um 1pF beträgt. Gain amplifier (blau): Der eigentliche Verstärker besteht nun nur noch aus zwei Transistoren, jedoch haben BC547C eine Stromverstärkung um 500 (gemessen), während die älteren 2N2926 nur auf 40 kommen. Die Verstärkung ist mit 250,000 trotzdem hier besser als die ca. 64,000 der älteren 3-Transistor-Schaltung. Power amplifier (violett): Aus der Endstufe habe ich den defekten Ausgangstrafo entfernt und dafür einen Emitterfolger verwendet, der einen niedrigen Ausgangswiderstand hat, sodass er den 8 Ohm Lautsprecher direkt treiben kann. Die Lautstärke ist nach wie vor nicht sehr hoch: ausreichend aber nicht laut. Über eine 3.5 mm Buchse kann man einen Kopfhörer anschliessen. Probe gain adjust (dunkelorange): Das 4.7k Poti ist von aussen zugänglich und stellt eine einstellbare Spannung zur Verfügung. Mehr dazu gleich. Ich war aber immer noch nicht ganz zufrieden damit und Mr. Carlson's Lab (MCL) inspirierte mich, das Projekt nochmal neu anzugehen: V3. MCL hat einen YouTube Kanal, den ich sehr gerne anschaue, aber die Bauanleitung für seine UltraProbe findet sich nur auf seinem kostenpflichtigen Patreon-Kanal (ist aber sehr preiswert und definitiv die paar Euro wert). MCL legt sehr grossen Wert auf sein Copyright und das ist sein gutes Recht. Dies ist kein direkter Nachbau seiner Schaltung, aber ich habe einige seiner Ideen aufgegriffen, was hoffentlich OK ist. MCL hat vor seinen Signalverfolger noch einen abgesetzten Vorverstärker geschaltet. Dieser ist sehr hochohmig und erlaubt so ein Abgreifen des Signals ohne direkten galvanischen Kontakt (non contact probe). Um dies zu erreichen, verwendet er einen Sperrschicht FET (j-FET) im Eingang. Ich hatte nur einen doppel j-FET in meiner Bastelkiste, also verwendete ich diesen. Das ist vermutlich Perlen vor die Säue, denn der war bestimmt einmal als Differenzverstärker gedacht gewesen, aber ich sehe nicht, dass ich ihn dafür in naher Zukunft verwenden würde, also besser hier als garnirgends. Die Bezeichnung ist leider nicht mehr lesbar.
Die eigentliche Probe selbst besteht nur aus einem Stück RG-58 Koaxkabel, bei dem nur wenige Millimeter an der Spitze von der Abschirmung befreit wurden. Nur diese kleine Antenne nimmt das Signal auf. Damit kein versehentlicher Kontakt zustande kommt, wurde die Spitze mit Schrumpfschlauch isoliert. Das verbleibende "Loch" habe ich mit Plastikkleber von Uhu aufgefüllt (der übrigens leitfähig ist, solange er noch nicht ausgehärtet hat!). Die resultierende Kapazität liegt, je nach Abstand, vermutlich im Femto-Farad Bereich. Da die aktive Spitze sehr klein ist, erlaubt sie eine gute Lokalisierung des Signals im zu untersuchenden Gerät. High impedance frontend (orange): Diese winzige Koppelkapazität erfordert natürlich einen extrem hochohmigen Eingang, damit nicht die ganze Spannung sofort am Koppelkondensator zusammenbricht. Bei 100 fF und 400 Hz liegt der kapazitive Widerstand bei ca. 1 GigaOhm! Dazu kommt noch, dass das Koaxkabel (obwohl es nur 10 cm bis 15 cm lang ist) eine erhebliche Kapazität aufweist und so einen kapazitiven Spannungsteiler mit dem Koppelkondensator bildet und dadurch die Signalamplitude herabsetzt. Deshalb arbeitet ein j-FET als hochohmiger Eingangsverstärker in Kollektorschaltung (Emitterfolger). Wir erziehlen damit zwar keine Spannungsverstärkung, wohl aber eine Stromverstärkung und können so den weiteren Verstärker von der eigentlichen Probe entkoppeln. Die 2 x 22 MOhm legen das Gate gleichspannungsmässig auf Masse und stellen so den Arbeitspunkt ein. Gleichzeitig definieren sie auch den maximalen Eingangswiderstand, nämlich 44 MegaOhm. Input protection (orange): Ein j-FET ist noch empfindlicher auf Überspannung als ein MOSFET und daher muss der Eingang vor zu grossen Spannungen geschützt werden. Normalerweise macht man das mit zwei Siliziumdioden nach Masse und Vcc, die dann die Eingangsspannung auf diesen Bereich begrenzen. Hier handelt es sich aber um sehr kleine Spannungen, daher kann man auch zwei anti-parallele Dioden nach Masse verwenden, die dann die Spannung auf maximal 0.6 V begrenzen, was hier völlig ausreichend wäre. Aber warum hat MCL hier zwei Transistoren verwendet? Eine Anfrage bei MCL blieb unbeantwortet, der Mann ist einfach zu beschäftigt. Also habe ich meinen Oktopus Curve Tracer aktiviert und Diode und Transistor verglichen. |
Links die Kennlinie der Diode, rechts der Transistor. X-Empfindlichkeit ist 100 mV/cm und der Nullpunkt liegt ganz links. Man bemerkt zwei Unterschiede: (i) die Diode (eine 1N4148) beginnt schon knapp über 0.4 V zu leiten, während der Transistor etwas später, bei 0.55 V zu leiten beginnt. Ausserdem ist (ii) die Kennlinie des Transistors (BC547C) im leitenden Bereich deutlich steiler (wohl weil hier die Verstärkung des Transistors hilft). Aber beide Effekte sind für unsere Anwendung ohne Belang. Es muss also einen anderen Grund geben. |
Hier nun die Erforschung des Sperrbereichs mit 5 V/cm auf der X-Achse, der Nullpunkt ist jetzt in der Mitte beim Achsenkreuz. Links die Diode und sie sperrt ohne erkennbaren Leckstrom bis 25 V. Rechts der Transistor und man sieht deutlich, dass bei ca. 12 V der (reversible) Durchbruch der Basis-Emitter-Strecke erfolgt und er dann extrem schnell zu leiten beginnt (Avalanche Effekt). Aber auch das ist alles ohne Belang für diesen Einsatzzweck, denn die Spannungen sind alle weit unter 1 Volt.
Da der Eingangswiderstand in der Gegend von 44 MOhm liegt, muss die Schutzschaltung im normalen Betrieb (also wenn sie nicht schützen muss) einen deutlich höheren Widerstand aufweisen, um den Eingang nicht zu belasten. Ich habe mit meinem Keithley 160 DMM (das sehr kleine Ströme messen kann, bis zu 100 pA herunter) den Leckstrom einer 1N4148 bei 10V Bias gemessen: 2.8 nA. Der Leckstrom des Transistors war dagegen nicht messbar (also < 100 pA). Der Transistor hat also einen höheren Widerstand, allerdings ist der Widerstand der Diode mit R = 10 V / 2.8 nA = 3.5 GigaOhm ebenfalls wesentlich größer, als unser Eingangswiderstand, sodass das keinen Unterschied macht. |
Als nächstes prüfte ich in der Vorwärtsrichtung. Bei einer Spannung von 270 mV (das ist zumindest in der erwarteten Größenordnung, vermutlich sind die Spannungen aber nochmal viel kleiner, vielleicht 1 mV oder weniger, aber das konnte ich nicht messen) zeigte die Diode einen Vorwärtsstrom von 487 nA, was einem Widerstand von nur 554 kiloOhm entspricht, deutlich weniger, als unser geplanter Eingangswiderstand! Der Transistor dagegen zeigte nur einen Strom von 0.8 nA, was 337 MegaOhm entspricht! Was für ein erstaunlicher Unterschied!! Die Diode würde also unseren Eingangswiderstand auf nur 500 kOhm absenken, während der Transistor den Eingang nicht merklich belastet. Das ist nun eine überzeugende Erklärung, warum man hier keine Dioden verwenden kann.
Ich habe auch noch bei 64 mV (die kleinste Spannung, die mein Labornetzgerät liefern kann) gemessen: die Diode zeigt 5.4 nA (entspricht 12 MOhm, viel zu wenig) während ich den Strom des Transistors nicht mehr messen kann (also weniger als 100 pA), was einen Widerstand von mehr als 640 MOhm bedeutet -- absolut ausreichend. Diese Messungen beantworten auch die Frage, warum man Silizium-Dioden erfolgreich für die Demodulation von Radiosignalen einsetzen kann, sogar in einem Detektorempfänger, wo doch die Spannungen deutlich unter den 0.6 V der Diodenschwellenspannung liegen. Tatsächlich beginnt nämlich das "Knie" der Diode (siehe Bilder oben) nicht erst bei 0.4 V sondern schon mehr oder weniger am Ursprung, also bei einer Spannung von 0 V, sodass auch sehr schwache Signale erfolgreich demoduliert werden können. Gain amplifier (blau): Ein zweistufiger AC-gekoppelter Verstärker hebt den Signalpegel erheblich an. Dabei besteht die erste Stufe aus dem zweiten j-FET, weil er nun schon mal da war. Man könnte aber auch einen BC547C hier verwenden. Die RC-Kombinationen im Emitterkreis dienen der Arbeitspunktstabilisierung. Die 120 Ohm Widerstände im Kollektorkreis dienen der Entkopplung der Stufen um Rückkopplungen, die sich durch Blubbern (motor boating) bemerkbar machen, zu vermeiden. Da der nachfolgende Signalverfolger (siehe ganz oben) sowieso schon sehr empfindlich ist, muss der Pegel hier garnicht so groß werden. Line driver (violett): dieser Emitterfolger treibt mit seinem kleinen Ausgangswiderstand die abgeschirmte Leitung zum Signalverfolger. Der kleine Ausgangswiderstand schliesst auch erfolgreich Brummeinstreuungen ins Kabel und die (Bananen-) Stecker kurz. LED driver (violett): zusätzlich wird noch eine LED (high brightness, grün) über einen sehr kleinen Koppelkondensator und eine Gleichrichterdiode vom gain amplifier angesteuert. Diese LED blitzt einmal bei sehr starken Signalen, etwa wenn ein defektes Bauteil in einem Gerät rauscht oder kracht, durch die Gleichrichtung spricht sie aber auch auf HF an (etwa aus einem Oszillator in einem Radio), die man sonst nicht hören würde. Sehr schön sieht man das mit einer CFL Energiesparlampe (die ja intern einen Zerhacker hat, der bei ca. 30 kHz arbeitet, also nicht hörbar ist): nähert man die Probe-Spitze so einer Lampe bis auf 10 -- 20 cm, so brennt die LED voll, ohne dass man im Lautsprecher einen Ton hören würde. Die LED ist in der Probe montiert (hinten, wo das Verbindungskabel rausgeht), sodass man sie im Blick hat, wenn man mit der Probe in einem Gerät nach dem Defekt sucht. Die Betriebsspannung wird aus dem Signalverfolger entnommen. Der Strom ist mit ca. 1 mA sehr gering, sodass auf eine Stabilisierung mit einem LM1117 verzichtet wurde (der hätte selbst schon 5 mA verbraucht). Im Signalverfolger ist ein 4.7 kOhm Potentiometer, mit dem sich die Spannung auf 4.3 V bis 8.2 V einstellen lässt. Je höher die Betriebsspannung, umso besser die Verstärkung. So kann man also die Verstärkung bei starken Signalen zurückdrehen um eine Übersteuerung des Signalverfolgers zu vermeiden. Wichtig ist aber der 2200 F Kondensator im Signalverfolger, da es sonst zum berüchtigten motor boating kommt. |
Die ganze Probe ist sehr empfindlich auf Einstreuungen und muss daher in einem geerdeten Metallgehäuse untergebracht werden. Ich verwendete dazu das Aluminiumgehäuse einer defekten Coleman Taschenlampe (Batterien waren ausgelaufen und die Lauge hat alles zerfressen). Da das Gehäuse aus Aluminium ist, ist es sehr leicht und liegt gut in der Hand. Das Taschenlampengehäuse ist etwas dicker als die sonst oft verwendete Alu Entlötsaugpumpe; daher konnte ich die Elektronik auf einer Lochrasterplatine ohne Probleme aufbauen und im Inneren unterbringen. Als Verbindungskabel habe ich Stereo-Cinch-Leitung verwendet (die ist einzeln abgeschirmt) und dank des niedrigen Ausgangswiderstands kommt es trotz der nicht abgeschirmten Stecker zu keinen Brummeinstreuungen. |
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